Ubuntu 20.04 LTS auf Raspberry Pi installieren und einrichten (+Desktop)

8 Kommentare Autor: Jürgen (jdo)

Nachdem Canonical Ubuntu 20.04 LTS Focal Fossa für den Raspberry Pi offiziell zertifiziert hat, will ich das genauer wissen. Installieren wir die Linux-Distribution auf dem Pi und schauen, wie gut das klappt.

Zunächst einmal musst Du wissen, dass Ubuntu 20.04 nur für die Raspberry-Pi-Versionen 2, 3 und 4 verfügbar ist. Dann gibt es eine 32-Bit- und eine 64-Bit-Version. Ab dem Raspberry Pi 3 kannst Du die 64-Bit-Variante installieren. Die 32-Bit-Version läuft hingegen auf allen offiziell unterstützen Pis.

Was Du brauchst

Ich habe für den Test einen Raspberry Pi 4 und die 64-Bit-Version genommen. Weiterhin waren ein paar weitere Komponenten im Einsatz, die bei mir teilweise zur Standard-Ausrüstung gehören:

Nun kommt es darauf an, ob Du auf Ubuntu für den Raspberry Pi komplett headless zugreifst oder das Gerät an einen Bildschirm hängst. Ist das der Fall, brauchst Du weitere Hardware:

Hast Du noch keine Hardware, empfiehlt sich der Kauf eines Kits oder Komplettpakets*. Darin ist bis auf Maus, Tastatur und Bildschirm alles enthalten, was Du brauchst.

Tipp: Suchst Du eine Ubuntu-Desktop-Version für den Raspberry Pi, dann ist Ubuntu 20.10 Groovy Gorilla die erste offizielle Variante, die auch für den Pi zur Verfügung gestellt wird. Sie läuft auf einem Raspberry Pi 400 ganz gut. Das Gerät kannst Du übrigens sehr einfach übertakten und damit holst Du tatsächlich mehr Leistung aus dem Winzling. Du musst aber vorsichtig sein.

Ubuntu 20.04 auf eine microSD-Karte spielen

Die einfachste Möglichkeit, Ubuntu 20.04 auf eine microSD-Karte zu spielen, ist der Raspberry Pi Imager. Du bekommst ihn im Download-Bereich der Projektseite für Ubuntu (auch Linux Mint), Windows und macOS.

Wichtig: Die Installation von Ubuntu 20.04 auf die microSD-Karte löscht alle Daten auf dem Datenträger. Stelle also sicher, dass sich keine wichtigen Daten darauf befinden. Ist das der Fall, ist ein Backup angebracht.

Nachdem Du den Raspberry Pi Imager heruntergeladen hast, stecke Deine microSD-Karte in Deinen Computer und starte das Tool. Nun wählst Du aus, welche Version von Ubuntu 20.04 Du installieren möchtest.

Ubuntu 20.04 LTS Focal Fossa im Raspberry Pi Imager Tool

Ubuntu 20.04 LTS Focal Fossa im Raspberry Pi Imager Tool

Weiterhin wählst Du die SD-Karte – steckt nur eine im Computer, sollte die Auswahl nicht schwer sein. Danach klickst Du auf Write und der Installationsvorgang beginnt. Je nach Internet-Geschwindigkeit dauert der Download ein paar Minuten.

Erste Konfigurationsschritte für Ubuntu 20.04 auf dem Raspberry Pi

Vor dem ersten Start kannst Du den Raspberry Pi mit Ubuntu 20.04 schon präparieren. Das ist empfehlenswert, vor allen Dingen, wenn Du das Gerät gleich via WLAN mit dem Netzwerk verbinden möchtest.

WLAN oder Ehternet-Kabel

Die erste Frage wird sein, ob Du den Raspberry Pi via WLAN oder Ethernet-Kabel mit dem Netzwerk verbinden willst. Mit Kabel ist das einfach, weil Du nichts weiter tun musst.

Willst Du den Raspberry Pi mit Ubuntu 20.04 vor dem ersten Start für drahtlose Netzwerk konfigurieren, ist ein kleiner manueller Eingriff notwendig.

Befindet sich die microSD-Karte noch in Deinem Computer, suche nach der Partition system-boot. Notfalls musst Du den Datenträger auswerfen und abermals einstecken. Auf der Partition befinden sich Konfigurationsdateien, die beim ersten Start geladen werden. Das ist ähnlich wie Raspbian für einen headless-Einsatz zu konfigurieren.

Suche auf der Partition system-boot nach der Datei network-config

Suche auf der Partition system-boot nach der Datei network-config

Auf der Partition findest Du eine Datei network-config. Öffne sie mit einem Text-Editor und Du siehst, dass die Entwickler Beispiele zur Verfügung stellen:

network-config mit Beispiel

network-config mit Beispiel

Du kannst die Kommentare # entfernen und Deine eigenen Werte eintragen.

So könnte eine WLAN-Konfiguration aussehen

So könnte eine WLAN-Konfiguration aussehen

Wichtig: Enthält Dein Wi-Fi-Netzwerkname ein Leerzeichen, musst Du den Namen in Anführungszeichen (Hochkommata) setzen: "Mein WLAN Name"

Du kannst das auch nachträglich ändern, indem Du die Datei /etc/netplan/50-cloud-init.yaml bearbeitest.

Bei mir hat das mit dem WLAN nicht auf Anhieb funktioniert, weil das System in die Datei 50-cloud-init.yaml keine Hochkommata beim Passwort eingetragen hat. Nun musste ich die selbst setzen und die Datei abspeichern. Nach einem weiteren Neustart wurde die WLAN-Verbindung dann akzeptiert.

WLAN-Verbindung funktioniert mit Ubuntu 20.04 Server für Raspberry Pi

WLAN-Verbindung funktioniert mit Ubuntu 20.04 Server für Raspberry Pi

Da war etwas Handarbeit notwendig.

Raspberry Pi mit Ubuntu 20.04 LTS starten

Nun steckst Du die microSD-Karte in Deinen Raspberry Pi und startest das System. Der Start dauert bei einem Raspberry Pi 4 nicht lange.

Wichtig: Username und Passwort sind per Standard ubuntu (beides gleich).

Meldest Du Dich zum ersten Mal an, fordert Dich das System sofort auf, Dein Passwort zu ändern. Das ist auch wirklich sinnvoll, weil der SSH-Server per Standard aktiviert ist. Änderst Du das Passwort nicht, hat jeder im gleichen Netzwerk Zugriff auf Deinen Raspberry Pi.

Pass an dieser Stelle aber auf, da die Tastatureinstellungen US sind. Vielleicht vergibst Du zunächst ein einfaches Passwort, änderst die Tastatureinstellungen auf Deutsch und nimmst danach ein Passwort, das auch zu Deiner Tastatur passt.

Tastatureinstellungen bei Ubuntu 20.04 Server ändern

Nach dem Start und dem Ändern des Passworts war das Ändern des Tastatur-Layouts mein erster Schritt. Das macht mich sonst wahnsinnig. Führe auf der Konsole folgenden Befehl aus (der Bindestrich ist bei der US-Belegung auf der deutschen Tastatur beim ß / ?):

sudo dpkg-reconfigure keyboard-configuration

Hier folgst Du einfach den Anweisungen und setzt die Tastatur auf Deutsch. Entweder startest Du das System nun neu oder Du führst diesen Befehl aus:

sudo setupcon

Nun ist sind unter anderem Y und Z wo sie hingehören.

Zeitzone ändern

Weil wir gerade dabei sind, ändern wir auch gleich die Zeitzone von UTC auf CET.

sudo timedatectl set-timezone Europe/Berlin

Nun kannst Du mit date überprüfen, ob das geklappt hat.

Via SSH auf Ubuntu 20.04 für Raspberry Pi zugreifen

Weißt Du die IP-Adresse Deines Raspberry Pi, kannst Du via SSH darauf zugreifen. Wie bereits erwähnt, ist der SSH-Server per Standard installiert und aktiviert.

Hast Du Maus und Tastatur sowie einen Bildschirm angeschlossen, findest Du die IP-Adresse mit diesem Befehl heraus:

ip a

Du kannst auch in Deinem Router oder DHCP-Server nachsehen, was dem Raspberry Pi für eine IP-Adresse zugewiesen wurde. Vielleicht willst Du einem Server sowieso eine statische IP-Adresse geben. Ich mache das immer via DHCP-Server, weil die IP-Adresse dann an die MAC-Adresse gebunden ist. Selbst wenn ich ein neues Betriebssystem installiere, weiß ich, welche IP-Adresse das entsprechende Gerät hat.

ssh ubuntu@<IP-Adresse des Raspberry Pi>

Beim ersten Zugriff musst Du den Zugriff auf Ubuntu 20.04 für Raspberry Pi bestätigen. Das ist wie bei allen SSH-Verbindungen, kennst Du sicher.

System auf den neuesten Stand bringen

Nach dem Anmelden hat sich das System außerdem gemeldet, dass es für 5 Pakete Updates gibt.

Es sind 5 Updates für Ubuntu 20.04 verfügbar – danke für den Hinweis

Es sind 5 Updates für Ubuntu 20.04 verfügbar – danke für den Hinweis

Gut zu wissen, installieren wir die Updates schnell:

sudo apt upgrade

Nachdem Ubuntu 20.04 für Raspberry Pi auf dem aktuellen Stand ist, installiere ich aus Neugierde eine Desktop-Umgebung.

Desktop installieren

Du hast die Möglichkeit, eine Desktop-Umgebung zu installieren. Zur Auswahl stehen da zum Beispiel Xubuntu, Lubuntu und Kubuntu, also XfceLXQt und KDE.

sudo apt install xubuntu-desktop
sudo apt install lubuntu-desktop
sudo apt install kubuntu-desktop

Interessant waren die Datenmengen, die jeweils benutzt würden. Xubuntu hat am besten abgeschnitten und benötigt 644 zusätzliche MByte.

Xubuntu braucht 644 MByte

Xubuntu braucht 644 MByte

Kubuntu würde 717 MByte zusätzlich benötigen.

Kubuntu mit 717 MByte zusätzlich

Kubuntu mit 717 MByte zusätzlich

Lubuntu liegt mit 720 MByte knapp über Kubuntu.

Lubuntu mit 720 MByte

Lubuntu mit 720 MByte

Für den Test war ich pragmatisch und habe einfach Xubuntu oder Xfce genommen. Selbst auf einem Raspberry Pi 4 dauert die Installation einer grafischen Desktop-Umgebung eine Weile. Zeit für einen Kaffee.

Ist die Installation abgeschlossen, startest Du Deinen Raspberry Pi mit Ubuntu 20.04 LTS Focal Fossa einfach neu. Die grafische Desktop-Umgebung startet sich automatisch.

Das System installiert auch gleich diverse Desktop-Anwendungen wie zum Beispiel Firefox, Thunderbird, LibreOffice, Pidgin und GIMP.

Das macht keinen Spaß

Rund läuft das aber noch nicht. Also beim Anmelden hat mich das System in GNOME, der normalen Ubuntu-Umgebung angemeldet. Ich musste manuell auf Xfce umstellen. Danach wurde ich gleich mit einer Fehlermeldung begrüßt (allerdings hatte ich als Display-Manager die Vorauswahl gdm3 gelassen).

Die Xfce-Sitzung unter Ubuntu 20.04 hat mich mit einer Fehlermeldung begrüßt

Die Xfce-Sitzung unter Ubuntu 20.04 hat mich mit einer Fehlermeldung begrüßt

Der Fehler trat nicht mehr auf, nachdem ich statt gdm3 auf lightdm umgestellt habe:

sudo dpkg-reconfigure lightdm

Allerdings hat mir Ubuntu 20.04 mit beiden eine komische Bildschirmauflösung gegeben hat, die ich nicht umstellen kann. Der Bildschirm kann eigentlich 1920×1080 Pixel.

Sehr eigenartige Bildschirmauflösung

Sehr eigenartige Bildschirmauflösung

Ebenso gibt es immer wieder grafische Fehler, wie schwarzer Bildschirm und nur noch der Mauszeiger zeigt sich. Manjaro funktioniert da besser auf dem Raspberry Pi als Desktop. Ich bleibe aber trotzdem dabei, dass sich Raspbian am besten als Desktop-Umgebung für den Raspberry Pi eignet, vor allen Dingen, wenn Du mit dem Pi basteln willst.

Die grafische Oberfläche auf einem Raspberry Pi 4 fühlt sich außerdem behäbig an und Raspbian auf einem Pi 2 ist gefühlt ähnlich schnell. Das macht einfach keinen Spaß.

Ich habe Ubuntu 20.04 LTS Server einfach noch Mal auf die microSD-Karte gespielt und von vorne angefangen. Das mit dem Ubuntu 20.04 Desktop auf dem Raspberry Pi ist nicht der Brüller. Wer wirklich Ubuntu 20.04 als Desktop auf dem Raspberry Pi betreiben will, wartet vielleicht besser auf Ubuntu MATE 20.04 – meine Meinung.

WireGuard Tools installieren

Interessierst Du Dich für Linux und VPNs, weißt Du, dass das VPN-Protokoll WireGuard in den Linux-Kernel 5.6 aufgenommen und für den Ubuntu-Kernel (5.4) zurückportiert wurde. Das bedeutet, Du kannst WireGuard einfach über die Repositories installieren.

Die WireGuard-Pakete lassen sich einfach installieren

Die WireGuard-Pakete lassen sich einfach installieren

Damit lässt sich WireGuard einfacher als unter Raspbian installieren, solltest Du aus Deinem Ubuntu 20.04 auf dem Raspberry Pi einen WireGuard Server basteln wollen.

sudo apt install wireguard

RaspAP unterstützt übrigens auch Ubuntu, derzeit aber nur offiziell 18.04 und 19.10. Ich habe es nicht ausprobiert, aus Ubuntu 20.04 LTS für Raspberry Pi einen Hotspot zu basteln.

Nette Pi-Konstellation

Suchst Du ein VPN für den Raspberry Pi? NordVPN* bietet einen Client, der mit Raspberry Pi OS (32-Bit / 64-Bit) und Ubuntu für Raspberry Pi (64-Bit) funktioniert.




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8 Kommentare zu “Ubuntu 20.04 LTS auf Raspberry Pi installieren und einrichten (+Desktop)”

  1. m2b says:

    Danke für den Testbericht!
    ElementaryOS (auch 64Bit) via Berryboot läuft performant, wenn es denn überhaupt etwas anderes als Raspian sein muss.

  2. Deali says:

    Ich bin dem Tutorial auch gefolgt.
    Ich bekomme keine Remotedesktopverbindung von PC hin.
    Ich bin mit ssh/putty auf dem Raspi eingeloggt aber wenn ich versuche auf die grafische Oberfläche zu gelangen dann funktioniert es nicht.
    Bei Ubuntu 18.04 gibt es keine Probleme.
    Was übersehe ich?
    Bin Neuling mit dem Raspberry.

    • jdo says:

      Mit SSH auf die grafische Oberfläche? Schuss ins Blaue: X-Forwarding nicht aktiv?

  3. lolol says:

    Alternativ für faule gibt es noch ein Bash Skript + vielen Optimierungen.

    Desktopify. "Convert Ubuntu Server for Raspberry Pi to a Desktop.".

    https://github.com/wimpysworld/desktopify

  4. Karsten says:

    Hallo. Ich bin wie oben beschrieben vorgegangen. Aber beim Update über „sudo apt update“ werden die Paketlisten gelesen und dann kommen 4 Meldungen, dass die „Releasedatei http://ports.ubuntu.com/ubuntu-Ports/dists/focal-updates/InRelease jetzt nicht gültig ist (ungültig für weitere 18 d...). Aktualisierungen für diese Paketquelle werden nicht angewendet“.
    Und weiter versuche ich den xubuntu-Desktop zu installieren. Hier schafft er es nicht 14 Dateien zu laden. U.a. von http://ports.ubuntu.com/ubuntu-ports/pool/main/s/samba/samba-lins_4.11.6+dfsg-0ubuntu1.3_armhf.deb mit dem Hinweis 404 Not Found [IP 91.189.88.152 80]

    Da ich grade mit dem Pi angefangen habe und mich daran und an Linux grade ran taste, bitte ich um Nachsicht.
    Was kann ich tun?
    Danke schonmal
    Karsten

    • jdo says:

      Hi,

      ich habe Ubuntu 20.04 nur kurz angesehen und finde es für den Pi ehrlich gesagt nicht so prickelnd. Deswegen kann ich Dir keine Ferndiagnpse geben – im Pi-Forum bist Du da vielleicht besser aufgehoben.

      Als Ratschlag kann ich Dir aber mitgeben: Versuche das offizielle Raspberry Pi OS (früher Raspbian). Damit hast Du als Pi-Beginner mehr Spaß.

      Wenn es schon Ubuntu sein muss, würde ich eher Ubuntu MATE für Raspberry Pi nehmen, aber die 20.04 ist derzeit Beta.

      Viel Erfolg!

  5. Johnnybux S says:

    also ich habe das problem, wenn ich ihn neustarte passiert nichts. einfach nichts. nur schwarzbildschirm

    • jdo says:

      Schuss ins Blaue: andere microSD-Karte probieren oder beim Schreiben auf den Datenträger ging etwas schief.