Raspberry Pi 5 getestet – Desktop-Ersatz? Endlich selbst in der Hand …

Kein Kommentar Autor: Jürgen (jdo)

Der Raspberry Pi 5 ist schon eine Weile auf dem Markt. Bisher hatte ich aber keine Gelegenheit, selbst einen zu testen. Nun ist es endlich so weit und ich habe ein ähnliches Experiment wie damals mit dem Raspberry Pi 400 durchgeführt. Der Pi 400 oder 4 eignet sich bedingt als Desktop-Ersatz. Die Sache kann ziemlich langsam werden, insbesondere, wenn viele Anwendungen offen sind oder Du Aufgaben durchführst, die zu viel Leistung erfordern. Der Pi 5 ist wesentlich schneller und ich wollte wissen: Eignet sich der Raspberry Pi 5 als Desktop?

8 GByte und das Gehäuse mit Lüfter – es ist ein Desktop-Ersatz
8 GByte und das Gehäuse mit Lüfter – es ist ein Desktop-Ersatz

Natürlich musst Du auch hier die Kirche im Dorf lassen. Schließlich handelt es sich immer noch um einen günstigen SBC. Allerdings kommst Du mit dem Raspberry Pi 5 als Desktop wesentlich weiter als mit einem 400 oder 4, so viel kann ich Dir gleich am Anfang verraten.

Für meinen Test habe ich keine Benchmark-Tools benutzt. Damit findest Du bereits etliche Tests im Internet. Ich wollte vielmehr wissen, wie sich das Gerät im Alltag schlägt und habe es einfach benutzt, wie ich eben einen Desktop nutzen würde.

Raspberry Pi 5 mit 8 GByte im Einsatz

Natürlich hilft es, wenn ein Gerät mehr RAM hat – das ist kein Geheimnis. Ich habe mir einen Raspberry Pi 5 mit 8 GByte besorgt sowie das offizielle Gehäuse mit Lüfter. Damit habe ich getestet. Als Betriebssystem kommt das aktuelle Raspberry Pi OS mit Wayland zum Einsatz, das auf Debian 12 Bookworm basiert.

Um die Auslastung zu verfolgen, benutze ich gerne das Kommandozeilen-Tool htop. Das Tool htop verrät Dir ziemlich gut, wie das System ausgelastet ist. Direkt nach dem Start langweilt sich das System und benutzt knapp unter 400 MByte RAM.

htop verrät Dir die Systemauslastung unter Raspberry Pi 5
htop verrät Dir die Systemauslastung unter Raspberry Pi 5

Screenshots habe ich übrigens mit grim gemacht. Das Kommandozeilen-Tool kann Bilder von einem Wayland Compositor machen. Bisher habe ich immer scrot benutzt, aber das erzeugt unter Wayland leider nur schwarze Bilder. Aber grim tut es ebenfalls.

Startzeit von Raspberry Pi OS, GIMP und LibreOffice

LibreOffice ist bei Raspberry Pi OS vorinstalliert, GIMP hingegen nicht. Das habe ich schnell via apt installiert:

sudo apt install gimp

Interessant ist, dass sowohl das Betriebssystem als auch GIMP und LibreOffice ungefähr 10 Sekunden zum Starten oder Öffnen benötigen. Hier kommt es natürlich auch auf die Geschwindigkeit der microSD-Karte an. Bei mir ist für diesen Test als Datenträger Panasonic XC 1 im Einsatz – nur als Hinweis.

Viel wichtiger ist, dass ich nun mehrere Programme gleichzeitig geöffnet haben kann, ohne dass die Leistung merklich einbricht. Bei meinem Test mit Raspberry Pi 400 konnte ich nicht so viele Programme offen halten und noch schnell zwischen den Programmen wechseln. Dem Raspberry Pi 5 macht es nichts aus, dass LibreOffice, GIMP, Chromium und KeePassXC (musst Du installieren: sudo apt install keepasscx) gleichzeitig geöffnet sind. Das System reagiert weiterhin schnell und ein Wechsel zu einem Programm funktioniert sofort.

Raspberry Pi 5 als Desktop macht Spaß …
Raspberry Pi 5 als Desktop macht Spaß …

Tippe ich bei LibreOffice Writer, gibt es auch hier keinerlei Verzögerungen. Im Gegensatz zum Raspberry Pi 400 also Desktop macht das hier richtig Spaß. Beim Pi 400 musste viele Kompromisse eingehen, über die ich hier nicht nachdenken muss. Es ist nicht notwendig, gewisse Programme zu schließen, damit ich andere benutzen kann. Das ist wirklich toll.

Chromium oder Firefox als Browser für den Raspberry Pi Desktop?

Als Browser sind sowohl Mozilla Firefox als auch Chromium vorinstalliert. In der Raspberry Pi-Konfiguration unter System kannst Du festlegen, welcher Browser Standard sein soll.

Standard-Browser – Du kannst zwischen Chromium oder Firefox entscheiden
Standard-Browser – Du kannst zwischen Chromium oder Firefox entscheiden

Nach einigen Tests habe ich mich für Chromium entschieden. Es wirkt unter Raspberry Pi OS etwas zackiger und frischer. Da gerade bei so einem Winzling jede Kleinigkeit einen Unterschied machen kann, habe ich mich für den gefühlt etwas reaktionsfreudigeren Browser entschieden.

Das heißt nun nicht, dass Firefox komplett unbrauchbar ist. Das wollte ich damit nicht sagen. Firefox ist ebenfalls vollkommen okay und brauchbar. Chromium ist aber das Quäntchen schneller.

YouTube läuft ebenfalls problemlos in Chromium und auch Vivaldi. Du kannst also Videos im Browser anschauen. Live-TV habe ich ebenfalls getestet und ein bisschen den ARD-Livestream geschaut. Auch hier gab es keine Probleme.

Das Erste im Livestream – problemlos in HD
Das Erste im Livestream – problemlos in HD

E-Mail beim Raspberry Pi 5 als Desktop

Bei meinem Test damals mit dem Pi 400 war die E-Mail-App der Nextcloud bislang nicht wirklich brauchbar – zumindest gab es zu viele Ecken und Kanten, als dass ich sie in Erwägung ziehen wollte. Das hat sich aber im Laufe der Zeit geändert und deswegen hat sich die E-Mail-Frage beim Raspberry Pi 5 als Desktop bei mir erledigt. Hinzu kommt, dass ich Chromium mit mehreren Tabs plus einige Programme gleichzeitig offen haben kann – das habe ich bereits erwähnt. Daher konfiguriere ich keinen zusätzlichen E-Mail-Client, dessen Daten ich auch auf der unverschlüsselten microSD-Karte schützen müsste.

Per Standard ist Claws Mail installiert und das war beim Pi 400 schon schnell. Das schlanke Programm ist natürlich auch beim Raspberry Pi 5 als Desktop sehr schnell – schick ist es allerdings nicht. Also ich bin kein großer Fan des Programms.

Alternativen hast Du einige, insbesondere beim schnellen Raspberry Pi 5. Hätte ich die Option mit der Nextcloud nicht, wäre mein Favorit der Browser Vivaldi. Er basiert auf Chromium, ist auf einem Raspberry Pi 5 ebenfalls ziemlich schnell und bietet einige nette Zusatzfunktionen, etwa einen Werbe- und Tracker-Blocker.

Werbe-und Tracker-Blocker in Vivaldi
Werbe-und Tracker-Blocker in Vivaldi

Zudem bietet der Browser einen E-Mail-Client sowie einen Kalender. Während der Ersteinrichtung wirst Du sogar gefragt, ob Du die Funktionen nutzen möchtest.

Vivaldi als E-Mail-Client
Vivaldi als E-Mail-Client

Ich habe den E-Mail-Client als Test eingerichtet und er funktioniert hervorragend. Kannst Du Dich für eine Kombination Browser + E-Mail + Kalender begeistern, schau Dir Vivaldi genauer an. Den Browser findest Du allerdings nicht im Repository des Betriebssystems, sondern Du musst ihn herunterladen und manuell installieren.

Thunderbird und Geary als E-Mail-Alternativen

Ich habe Mozilla Thunderbird nicht getestet, es sollte allerdings mit dem Raspberry Pi 5 funktionieren. Auf meinem Laptop nutze ich Thunderbird, aber bei Raspberry Pi OS neige ich dennoch zu Vivaldi.

Geary hat auf dem Pi 400 schon gut funktioniert. Daher läuft das mit dem neuen System natürlich besser.

Datenträger verschlüsseln

Eine Sache, die ich weiterhin kritisch sehe – der Datenträger ist nicht verschlüsselt und einfach zugänglich. Nimmst Du die microSD-Karte aus dem Gerät, kannst Du in einem anderen Computer ziemlich einfach alle Daten auslesen. Etwas Abhilfe kann hier zuluCrypt schaffen, womit Du ziemlich einfach verschlüsselte Container anlegen kannst, in denen sensible Daten geschützt sind.

Natürlich kommt es darauf an, wie wichtig oder sensibel Deine Daten sind. Das eigene Bauchgefühl sagt mir aber: je mehr und intensiver ich ein System als Desktop nutze, desto mehr sensible Daten landen im Laufe der Zeit darin. Deswegen solltest Du die Verschlüsselung im Hinterkopf behalten.

Passwörter sind im bereits erwähnten KeePassXC auch besser aufgehoben als in Firefox oder Chromium gespeichert – meine Meinung.

Nextcloud und Raspberry Pi 5

Beim Pi 400 habe ich die Nextcloud mit rclone benutzt. Damit konnte ich bestimmte Ordner in die Cloud synchronisieren, allerdings nur in eine Richtung. Das reichte mir allerdings als Backup. Nicht gut funktioniert hat aber die Nutzung der Nextcloud im Browser – schon gar nicht das integrierte Office. Der Pi 4 oder 400 ist einfach nicht schnell genug, als dass eine Nutzung der Nextcloud im Browser Spaß macht.

Mit dem Raspberry Pi 5 hat sich das geändert. Ich kann nun Dokumente öffnen – sowohl Text als auch Tabellenkalkulation und eine Nutzung ist absolut brauchbar. Das System reagiert schnell und ich müsste damit Office-Dokumente nicht mehr auf dem Datenträger speichern, sondern kann sie direkt in der Nextcloud bearbeiten.

Nextcloud Office mit Raspberry Pi 5 ist im Browser nutzbar
Nextcloud Office mit Raspberry Pi 5 ist im Browser nutzbar

Den Desktop-Client habe ich nicht installiert. Der im Repository vorhandene Client ist Version 3.7.x. Aktuell ist allerdings Nextcloud Desktop 3.11. Das offizielle AppImage ist für die Architektur x86_64 und funktioniert damit nicht auf dem Pi. Selbst kompilieren wollte ich nicht, aber die Nutzung im Browser ist in Ordnung.

Der Dateimanager bietet die Option Mit Server verbinden … und hier ist auch eine WebDAV-Option. Allerdings ist es mir nicht gelungen, den Ordner einzubinden. Ich habe bei mehreren Versuchen mit unterschiedlichen Ansätzen immer eine Fehlermeldung erhalten. Somit habe ich aufgegeben und das Thema nicht weiter verfolgt. Browser und rclone reichen mir aus, um die Nextcloud mit dem Raspberry Pi 5 zu benutzen.

Bildbearbeitung mit GIMP

Sogar die Nutzung des Photoshops für Linux, also GIMP, ist komfortabel.

Einfache Bildbearbeitung mit GIMP ist auf dem Raspberry Pi 5 möglich
Einfache Bildbearbeitung mit GIMP ist auf dem Raspberry Pi 5 möglich

Installierst Du das Paket gimp-plugin-registry, bekommst Du noch viele weitere Effekte, die Du mit GIMP nutzen kannst.

sudo apt install gimp-plugin-registry

Um das nachfolgende Bild (5184 × 3456 Pixel, 6,3 MByte im Original) alt aussehen zu lassen, hat GIMP auf dem Winzling knapp unter 20 Sekunden gebraucht. Das ist in Ordnung.

Mit GIMP ein Foto alt aussehen lassen
Mit GIMP ein Foto alt aussehen lassen

Für den anspruchsvollen Filter National Geographic hat GIMP auf dem SBC circa 40 Sekunden gebraucht. Mein Tuxedo Fusion hat für die gleiche Aufgabe etwas weniger als die Hälfte der Zeit gebraucht. Das ist zwar viel schneller, zeigt aber auch, dass der Raspberry Pi 5 tatsächlich auch für Bildbearbeitung geeignet ist, auch wenn Du natürlich mehr Geduld mitbringen musst.

Kodi auf dem Raspberry Pi 5

Der Raspberry Pi ist als Mediacenter ziemlich beliebt, insbesondere in Kombination mit Kodi. Im Repository von Raspberry Pi OS ist Kodi enthalten und die Version ist sogar relativ aktuell. Bei mir wurde Kodi 20.3 installiert.

sudo apt install kodi

Es funktioniert gut, reagiert schnell und ist eine Option, Kodi auf dem Raspberry Pi 5 zu nutzen. Damit hast Du aber das komplette Betriebssystem als Ballast. Möchtest Du den Raspberry Pi 5 nur als Mediacenter nutzen, ist ein JeOS wie LibreELEC besser geeignet. In der Zwischenzeit gibt es ein spezielles Image für den Raspberry Pi 5.

LibreELEC für den Raspberry Pi 5
LibreELEC für den Raspberry Pi 5

Du findest das spezielle Abbild für den Pi 5 auch im Raspberry Pi Imager. Damit ist eine Installation auf die microSD-Karte ziemlich bequem und schnell.

VPN-Protokolle installieren

Der Netzwerk-Manager bietet Dir bereits an, Dich mit einem VPN-Server zu verbinden. Klicke dafür auf das Netzwerk-Symbol in der Taskleiste > Advanced Option > Ein VPN-Verbindung hinzufügen.

Eine VPN-Verbindung hinzufügen … aber erst Plug-ins installieren
Eine VPN-Verbindung hinzufügen … aber erst Plug-ins installieren

Klickst Du darauf, ist die Auswahl allerdings leer. Das liegt daran, dass die entsprechenden Protokolle für eine manuelle Einrichtung nicht installiert sind. Nun kommt es darauf an, welches Protokoll Du nutzen möchtest.

Die besten VPN-Anbieter stellen alle ovpn-Dateien zur Verfügung, womit Du eine Verbindung via OpenVPN manuell einrichten kannst. Ja, WireGuard ist schneller, aber die manuelle Einrichtung via OpenVPN ist bequemer und wird von mehr Anbietern unterstützt. Möchtest Du diese Option nutzen, musst Du allerdings das entsprechende Plug-in sowie die Abhängigkeiten installieren:

sudo apt install network-manager-openvpn

Einige VPN-Anbieter stellen auch separate Clients für Raspberry Pi OS zur Verfügung. In einem separaten Artikel kannst Du herausfinden, welche VPN-Apps gut mit dem Pi funktionieren. Eine App ist deswegen bequemer, da Du nicht jeden Server einzeln konfigurieren musst und etwa das Land schnell wechseln kannst. Benötigst Du ein VPN nur für Browser-Verbindungen, reicht vielleicht ein Browser-Plug-in. Die besten Anbieter stellen auch hier Plug-ins für Chromium und Derivate sowie Firefox zur Verfügung.

Der Raspberry Pi 5 sollte sich auch hervorragend als VPN-Router eignen. Wobei ich glaube, dass er hierfür fast etwas verschwendet ist. Für normale Nutzung hat auch ein 3+ schon gereicht oder ein 4 schlägt sich hier auch gut. Es kommt auf den Anwendungsfall an und wie viel Leistung Du benötigst.

Fazit: Raspberry Pi 5 als Desktop-Ersatz

Ich würde sagen: Ja, der Raspberry Pi 5 taugt als Desktop. Beim Sprung von Pi 3 auf 4 oder 400 gab es natürlich auch mehr Geschwindigkeit und eine höhere Leistung. Allerdings ging es damals von langsam zu ein bisschen weiger langsam, aber immer noch zäh. Es hat schon funktioniert, aber Spaß hat das nicht wirklich gemacht.

Der Sprung auf den Raspberry Pi 5 ist allerdings eine andere Liga – es macht Spaß, Raspberry Pi OS als Desktop zu benutzen. Das System reagiert schnell, Du kannst mehrere Programme gleichzeitig offen haben sowie nutzen und so weiter. Ich würde sagen: Der Raspberry Pi 5 ist der Erste aus der Pi-Serie, der als Desktop-Ersatz taugt.

Sofern ich wieder etwas Zeit habe, werde ich vielleicht Ubuntu oder ein anderes Betriebssystem für den Raspberry Pi 5 testen. Bei Ubuntu warte ich vielleicht, bis die nächste LTS-Version, also 24.04 veröffentlicht ist. Es gibt aber viele andere interessante Optionen, etwa ein spezielles Kali-Abbild.




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