Raspbian-Update – Verbesserungen bei Dateimanager und Barrierefreiheit
Keine Panik, Raspbian basiert weiterhin auf Debian Buster. Der Umstieg geschah zeitgleich mit der Einführung des Raspberry Pi 4 und in der Zwischenzeit gab es auch schon diverse kleinere Updates. Nun hat die Raspberry Pi Foundation allerdings Änderungen bei Raspbian vorgenommen, die man schon herausstellen kann und als Pi-Fan auch kennen sollte. Die aktuelle Version nennt sich Raspbian 2020-02-05.
Es gibt Verbesserungen beim Dateimanager und auch die Barrierefreiheit wurde dank Orca Bildschirmleser verbessert.
Raspbian-Änderungen beim Dateimanager
Um es kurzzumachen: Places ist beim Dateimanager PCmanFM zurück. Das ist eine optionale Ansichtsmöglichkeit, mit der Du direkten Zugriff auf speziellen Orte im Dateisystem bekommst. Es wurde entfernt, weil die Entwickler einen Verzeichnis-Browser als sinnvoller empfunden haben. Das Problem ist allerdings, dass Du mit Places auch externe Geräte wie USB-Massenspeicher anzeigen lassen kannst. Die findest Du zwar über den Verezcihnis-Browser auch, aber Du musst wissen, wo sie sind.
Deswegen wurde Places wieder eingeführt. Es gibt aber keinen Schalter, sondern es ist oberhalb der Verzeichnis-Ansicht eingebettet. Ich habe einen USB-Stick in meinen Raspberry Pi 4 gesteckt und mit dem neuen Dateimanager sieht das so aus:
Eine weitere Neuerung ist, dass es in der Taskleiste nun ein Symbol gibt, mit dem Du einen neuen Ordner erstellen kannst. Es gibt noch zwei kosmetische Verbesserung. Die kleinen Dreiecke zum Ausklappen der Ordner erscheinen nur dann, wenn es auch wirklich Unterverzeichnisse gibt. Weiterhin bekamen die Icons im Dateimanager einen neuen Anstrich und sehen damit moderner aus.
Orca Bildschirmleser
Die Entwickler wollten in der neuesten Version von Raspbian die Barrierefreiheit verbessern. Vor allen Dingen für Leute mit Sehbehinderungen. Deswegen haben sich die Entwickler bei der gemeinnützigen Organisation AbilityNet erkundigt, wie sich die Barrierefreiheit verbessern lassen kann. Laut eigenen Angaben gab es viele nützliche Tipps, aber ganz oben auf der Liste stand, den Orca Bildschirmleser (Screen Reader) zu implementieren.
Es ist eine Linux-Anwendung, aber unter Raspbian hat sie bisher nicht gut funktioniert. Deswegen haben sich die Entwickler damit befasst und es funktioniert nun, wie es soll. Orca kann viele der vorinstallierten Anwendungen vorlesen und sollte auch mit vielen anderen Linux-Paketen funktionieren.
Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen Orca leider nicht funktioniert. Das gilt vor allen Dingen für Programme, die mit Toolkits erstellt wurden, die nicht zu Orca kompatibel sind. Orca ist komplett zu GTK und Qt (VLC, qpdfview) kompatibel, funktioniert zum Beispiel aber nicht mit Thonny, Sonic Pi und Scratch. Auch die aktuell installierte Chromium-Version ist nicht kompatibel. Version 80 wird allerdings kompatibel sein, sie ist nur noch nicht für den Pi verfügbar.
Möchtest Du einen Browser nutzen, der zu Orca kompatibel ist, dann kannst Du aber Firefox installieren:
sudo apt install firefox-esr
Die Entwickler weisen darauf hin, dass sie einen Einsatz von Firefox unter Raspbian nicht empfehlen. Solltest Du kein Orca brauchen, dann bleibe bei Chromium. Firefox ist für das Abspielen von Videos auf dem Pi nicht so optimiert wie das bei Chromium der Fall ist.
Die Software hat eine weitere Einschränkung: sie funktioniert derzeit nicht mit Bluetooth-Audio-Geräten. Über HDMI, den Kopfhörerausgang, USB oder externen HAT klappt es aber schon.
Orca unter Raspbian starten und konfigurieren
Du kannst Orca über Einstellungen → Recommended Software installieren. Du findest das Programm im Bereich Universal Access.
Natürlich funktioniert auch über die Kommandozeile:
sudo apt install orca
Der Bildschirm-Vorleser hat keinen separaten Menü-Eintrag. Damit Du an den Bildschirm für die Einstellungen kommst, drückst Du die Tasten Einfügen + Leertaste.
Optional kannst Du in einem Terminal auch den Befehl ausführen:
orca -s
Die Entwickler planen weitere Verbesserungen in Sachen Barrierefreiheit.
Neues Raspbian – neue Scratch-Blöcke
Es gibt zwei neue Blöcke in der Sense-HAT-Erweiterung. Sie nennen sich display stage und display sprite. Damit kannst Du Bühne respektive die Figur auf der LED-Anzeige des Sense HAT anzeigen lassen. Bewegte Bilder via Scratch? Ich mag den Sense HAT wirklich. Ich bereue keine Sekunde, dass ich den HAT gekauft habe. Du kannst damit übrigens auch eine eigene Wetterstation basteln – das ist wirklich nicht schwer. Mit einem Sense HAT kann man so viele schöne Dinge machen.
Außerdem kannst Du ein Projekt direkt laden, wenn Du Scratch über die Kommandozeile startest:
scratch3 dein-projekt.sb3
Das wäre ein Beispiel.
Thonny ist schneller und Code the Classics
Die Entwickler haben auch viel Arbeit in Thonny gesteckt. Speziell beim Debugging ist das Programm performanter. Vor allen Dingen bei PyGame-Zero-Spielen soll sich das stark bemerkbar machen.
Code the Classics – Volume 1 kannst Du nun ebenfalls über Recommended Software installieren. Du findest es im Menü-Punkt Games.
Den Code für die Spiele findest Du im Ordner /usr/share/code-the-classics.
Neue Audio-Mixer
Bisher gab es eine Anwendung, mit der Du Treiber-spezifische Einstellungen für Audio-Geräte vorgenommen hast und die im Hauptmenü zu finden war. Die Anwendung gibt es nicht mehr und alle Einstellungen lassen sich über das Plugin in der Taskleiste vornehmen. Sobald Du ein externes Gerät (Input oder Output) anschließt, kannst Du mit der rechten Maustaste auf das Symbol für die Lautstärke klicken und bekommst weitere Optionen. Ich habe das ausprobiert und ein Mikrofon angeschlossen. Das sieht so aus:
Sobald Du das Gerät aktivierst, ist die Option darunter verfügbar und darüber kannst Du die Einstellungen öffnen.
Neue Optionen bei Raspberry-Pi-Konfiguration
Öffnest Du das Programm Raspberry-Pi-Konfiguration, findest Du einen neuen Reiter Display. Dort gibt kannst Du aktivieren oder deaktivieren, ob sich der Bildschirm nach einer gewissen Inaktivität abdunkeln soll.
Leute mit Sehbehinderung werden sich auch freuen, dass die Pixelverdoppelung wieder verfügbar ist. Wegen eines Problems mit dem Grafiktreiber beim Raspberry Pi 4 wurde es entfernt. Die Entwickler haben aber eine Möglichkeit gefunden, die Option wieder verfügbar zu machen. Die Pixelverdoppelung verdoppelt die Größe jedes Pixels und der gesamte Bildschirm wird mit dem Faktor 2 skaliert.
Ebenso gibt es Änderungen bei den Tastaturkürzeln. Bisher hat Strg + Alt + Entf den Taskmanager gestartet. Ab sofort initiiert die Tastaturkombination aber den Prozess zum Herunterfahren des Systems. Den Taskmanager rufst Du nun mit Strg + Hochstelltaste + Esc auf. In diesem Bereich verhält sich Raspbian also äquivalent zu einem Windows-System.
Raspbian herunterladen oder aktualisieren
Die neueste Version von Raspbian findest Du im Download-Bereich der Projektseite. Bestehende Installationen kann Du aktualisieren. Du musst also nicht neu installieren:
sudo apt update sudo apt full-upgrade
Das sind doch einige nennenswerte Änderungen, die im aktuellsten Raspbian eingeflossen sind. Ich finde sie gut und sinnvoll.
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