Privatsphären-Problem: EFF (Electronic Frontier Foundation) kritisiert Canonical heftig wegen Shopping-Lense

Kein Kommentar Autor: Jürgen (jdo)

Ubuntu Logo 150x150Nachdem das ganze Tamtam eigentlich schon vorbei ist, hat sich die EFF nun auch entschlossen, gegen Ubuntus Shopping Lense zu wettern. Wie die EFF schreibt, finden einige Anwender diese automatische Internet-Suche bequem, andere sehen sich in ihrer Privatsphäre verletzt. Wie die EFF ebenfalls richtig bemerkt, lässt sich die Shopping Lense und das automatische Geplärre ins Internet abschalten.

Die EFF erklärt auch den technischen Ablauf, der mittlerweile auch schon bekannt ist. Eine Suche im Dash öffnet eine sichere HTTPS-Verbindung zu productsearch.ubuntu.com und sendet dabei die Suchanfrage und die IP-Adresse. Das sei auch das kleinere Problem. Wenn Produkte von Amazon angezeigt werden, werden diese unsicher von einem Amazon-Server via HTTP nachgeladen. Wer sich also in einem öffentlichen drahtlosen Netzwerk befindet, könnte Lauschern Daten verraten.

Es sei eine großes Privatsphären-Problem, wenn man auf seinem Computer nichts suchen kann, ohne den restlichen Mitnetzwerkern davon eine grobe Idee zu geben. Interessant finde ich, dass die EFF als Kriterium die Suche in der eigenen Porno-Kollektion mit als triftigen Grund angibt.

Es sei aber nicht nur Amazon. Der Rechtliche Hinweis im Dash klärt auf, dass man bei Benutzung des Dash zustimmt, die IP-Adresse und Suchanfragen mit einer Reihe von Drittanbietern zu teilen. Dazu gehören Facebook, Twitter, BBC und Amazon. Diese Firmen würden Suchanfragen sammeln und dann entsprechende Suchergebnisse zurückliefern. Ubuntus Liste von Drittanbietern listet alle potentiellen Partner auf. Die 3sat Mediathek ist übrigens auch dabei. Canonical mache laut der EFF nicht ausreichend klar, wann und wie Daten zu diesen Drittanbietern gesendet werden.

Lob bekommt Canonical dafür, dass man zumindest teilweise auf das Feedback der Anwender gehört hat und man an Verbesserungen arbeitet – zum Beispiel HTTPS für die Amazon-Rückmeldungen, um den Lauschangriff zu vermeiden und NSFW-Filter, um keine pronografischen Inhalte im Dash anzuzeigen. Diese Änderungen seien toll, aber es ändere die Tatsache nicht, dass Suchanfragen von Anwendern automatisch an die Drittanbieter gesendet werden – also kein Opt-In vorhanden ist. Auch wenn man künftig via HTTPS mit Amazon kommuniziere, laufe das immer noch direkt mit Amazons Server ab. Um diesen Umstand zu verbessern, schlägt die EFF vor, dass Canonical die Kommunikation durch einen Proxy schickt und diese somit anonymisiert.

Ubuntu 12.10: Einstellungen der Privatsphäre

Ubuntu 12.10: Einstellungen der Privatsphäre

Wer Ubuntu 12.10 verwendet, kann diesen Link benutzen (Ubuntu Software Center öffnet sich) und dann die Shopping Lense deinstallieren. Via Terminal funktioniert das so: sudo apt-get remove unity-lens-shopping.

Wer nur im lokalen Rechner suchen will und auf Internet-Inhalte komplett verzichten möchte, kann die Privacy-App öffnen und die Online-Suche deaktivieren. Wer die Marschroute von Unity gar nicht mag, aber gegen Ubuntu generell nichts hat, sollte eine andere Desktop-Umgebung benutzen: GNOME 3KDE, oder Cinnamon. Warum man allerdings auf die entsprechenden pakete verweist und nicht die entsprechenden Ubuntu-Abkömmlinge, ist mir rätselhaft. Lediglich von Cinnamon gibt es kein direktes Derivat – gut man könnte Linux Mint nehmen – oder eben das entsprechende Cinnamon PPA. Aber der EFF geht es wohl um bestehende Anwender, die dann beim Anmeldebildschirm eine andere Desktop-Umgebung auswählen könnten.

Ubuntu sei das drittpopulärste Desktop-Betriebssystem und die bekannteste freie Software. Viele EFF-Angestellte würden Ubuntu benutzen. Man würde in Zukunft allerdings gerne ein paar Änderungen sehen:

  • Die Online-Suche per Standard deaktivieren. Anwender sollten die Möglichkeit haben, ohne die Funktion zu starten und diese können sie bei Bedarf aktivieren – Opt-In.
  • Detailliert erklären, was man mit den Suchanfragen und IP-Adressen eigentlich so macht.
  • Die Einstellungen sollten die Möglichkeit bieten, dass man bestimmte Online-Suchergebnisse aktivieren oder deaktiveren kann – also nicht diese “Alles oder Nichts”-Mentalität. Einige wollen vielleicht Amazon-Vorschläge, aber von Facebook nichts wissen.

Man schätze es sehr, dass Ubuntu den Mut hat, auch mal neue Wege zu gehen. Allerdings sollte Canonical die Privatsphäre der Anwender respektieren. Windows- und Mac-OS-X-Anwender seien es gewohnt, dass die Daten in die Welt geschleudert würden. Die EFF wünscht sich aber, dass Ubuntu im Herzen den GNU/Linux-Gedanken trägt und die Nutzer selbst entscheiden lässt.

Im Prinzip fasst die EFF all das zusammen, was über die letzten Wochen von unzähligen Bloggern aufgedeckt, beschimpft, verteidigt und was weiß ich noch alles wurde. Der Unterschied ist nur, dass die EFF deutlich mehr Gewicht ins Rennen wirft. Eine Ohrfeige der Electronic Frontier Foundation wird man sich vielleicht doch noch eher zu Herzen nehmen.

  • AriOS 4
Ubuntu 12.10 Quantal Quetzal

Mit der umstrittenen Shopping Lense ...




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