Univention stampft seinen Corporate Desktop ein.

Kein Kommentar Autor: Thomas (td)

Der Bremer Distributor Univention hat am Dienstag bekannt gegeben, sein Produkt „Univention Corporate Desktop“ (UCD) nicht mehr weiterzuentwickeln, weil die Akzeptanz hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Da das Vorzeigeprodukt des Herstellers, der Univention Corporate Server 3.0, auf der anderen Seite überaus erfolgreich ist und zahlreichen Partner-Produkten wie Open-Xchange, Zarafa oder OwnCloud als Plattform dient, möchte ich zu diesem Umstand ein paar Worte ergänzen und außerdem auf ein neues interessantes Produkt, den „Univention Coporate Client“ hinweisen.

Dass ich selbst einen Univention Coporate Server einsetze ist kein Geheimnis. Ich wiederhole mich, aber wer selbst einen Linux-Server als Plattform-Lösung (z.B für Samba oder als Groupware-Plattform braucht), sollte über eine Appliance wie den auf Debian GNU/Linux basierenden UCS nachdenken, weil er sich damit erstens eine Menge Arbeit beim Aufsetzen und Konfigurieren spart, alle Server-relevanten Dienste (Samba, LDAP, KVM, Nagios etc.) in einer grafischen, webbasierten Oberfläche verwalten kann und noch dazu in den Genuss eines durchdachten Domänen-Konzeptes kommt, der auch die Clients der Domänen, bzw. deren Benutzer über die Management-Oberfläche des UCS verwaltbar macht. Dass Univention jetzt seine Desktop-Distribution einstellt, hat aber auch mich überrascht. Den nutze ich zwar nicht, als Kunde und Journalist habe ich es mir dann aber nicht nehmen lassen, mir die Information von Geschäftsführer Peter Ganten bestätigen zu lassen. Bei der Gelegenheit habe ich ihn auch gleich gefragt, wie Univentions Strategie zum Thema “Linux auf dem Desktop” in Zukunft aussehen soll. Trotzdem vorab noch ein paar Worte zum “Univention Corporate Desktop” (UCD), damit auch Nichtkenner der Produkte wissen, worum es geht. By the way: deren Produkt- und Marketing-Bezeichnungen gegen mir zumindest schreibtechnisch auch auf den Keks. Also ab sofort nehme ich die Abkürzungen UCS (für Univention Corporate Server) , UCD (für Univention Corporate Desktop) und UCC für das neue Produkt “Univention Coporate Client”.

Was UCD war

Clients im Domänen-Konzept des UCS sind zwar in der Regel Windows-Maschinen, es ist aber eine logische Konsequenz des Domänen-Modells von Univention, dass auch Linux-Maschinen Teil der Univention-Domäne sein können und sollten, denn immerhin handelt es sich bei Univention um einem der Open-Source-Szene eng verbundenen Linux-Protagonisten. Eine für die UCS-Domäne angepasste Systemrolle der zu verwaltbaren Clients setzt aber voraus, dass die Client-Systeme (wie etwa Windows X, oder Windows 7) weitgehend homogen sind und über die benötigten Funktionen und Voraussetzungen verfügen. Aus diesem Grunde hat Univention schon vor Jahren eine eigene auf KDE basierende Desktop-Distribution UCD ins Leben gerufen, die genau diese Bedingungen erfüllt und sich mithilfe des UCS-Managementsystems zentral ausrollen, administrieren und pflegt lässt, bzw. liess, muss man ja jetzt sagen. Offenbar ist das Produkt auf zu wenig Akzeptanz gestoßen, was nicht daran liegt, dass es schlecht ist, sondern das Linux-Desktops in Unternehmen allgemein einen schweren Stand haben. Auf der anderen Seite nutzen dem Thema Linux am Arbeitsplatz aufgeschlossene Unternehmen  – auch wenn Sie einen UCS als Server einsetzen  – wohl lieber ein aktuelles Ubuntu- oder Kubuntu-System, mit dessen Entwicklungstempo die Paketbetreuer des UCD nicht mithalten können und auch nicht wollen. Da das Pflegen einer eigenen Desktop-Distribution so oder so Ressourcen bindet, haben sich die Bremer jetzt entschlossen, dass Produkt nicht mehr weiter zu entwickeln. Bisherige UCD-Kunden erhalten laut Peter Ganten aber weiter Support bis Ende 2013.

Ubuntu Clients

Peter Ganten betonte im Gespräch aber auch, dass für Univention Betrieb und Management Linux-basierter Desktops weiter ein Kern-Anliegen darstellt, weshalb man den UCD nicht einfach nur fallen lässt, sondern sich eine komplett neue Strategie überlegt hat. Die neue Strategie sieht vor, die durch das Aufgeben des UCD freiwerdenden Ressourcen darauf zu verwenden, sich auf die Unterstützung der am Markt verbreiteten Linux-Desktop-Distributionen konzentrieren. Als schnelle Überganglösung hat Univention beispielsweise bereits eine Anleitung zum Anbinden von Ubuntu-Clients an die UCS-Domäne im eigenen WIKI veröffentlicht. Als nächsten Schritt plant Univention, dass die noch für diesem Monat vorgesehene UCS-Version 3.0-2 von Haus aus den Betrieb von Ubuntu bzw. Kubuntu unterstützen soll. Laut Nico Gulden, Product Manager für UCS und UDP, plant Univention darüber hinaus, schon vorher den im WIKI beschriebenen manuellen Ansatz zur Anbindung von Ubuntu an eine UCS-Domäne durch Automatisierung so weit wie möglich zu vereinfachen, wozu man ein Paket für Ubuntu zur Verfügung stellen will. Ein auf diese Weise eingebundener Ubuntu-Client würde dann von den Domänen-Diensten des UCS profitieren.

Univention Corporate Client

Darüber hinaus ist laut Univention eine steigende Nachfrage nach vollständig verwalteten, im Funktionsumfang aber klar definierten Client-Systemen, wie Thin Clients oder Kiosk-Systemen zu verzeichnen. Aus diesem Grunde wird es im vierten Quartal diesen Jahres den “Univention Corporate Client” (UCC) geben, der sowohl als Nachfolger des UCD, als auch der bisherigen „UCS Thin Client Services“ gedacht ist. Der vorgesehene Verwaltbarkeit des wohl auf Ubuntu basierenden UCC umfasst u.a. Paketinstallation, UCR Cron, LDAP-Server, Policy, Kerberos Integration, Druckserver, Autostart, Desktop Profile und Display Richtlinien.

Nach vorne geschaut

Ferner erwartet Peter Ganten für die  Zukunft eher Zuwachs im Bereich von mobilen Geräten und webbasierten Anwendungen: “Mit Univention Corporate Client werden wir außerdem ein sehr flexibles Client-Betriebssystem für Thin Clients, Kiosk-Systeme, aber auch für den Einsatz mit gemanagten Desktops liefern, das die ideale Plattform für den Zugriff beispielsweise auf gehostete, virtuelle Desktops und web-basierte Anwendungen sein wird. Der Verzicht auf die Weiterentwicklung eines eigenen Client-Betriebssystems gibt uns darüber hinaus die Möglichkeit, zukünftig mehr Ressourcen in die Unterstützung mobiler Geräte wie Smartphones und Tablets zu investieren.“ Warten wir’s ab. Ich für meinen Teil werde jetzt mal testweise eine Ubuntu-Maschine in die UCS-Domäne hängen. Das wollte ich ohnehin schon länger getan haben, erspart es mir doch das Pflegen lokaler Benutzer-Accounts. Langfristig möchte ich aber komplett auf virtuelle Desktops umsteigen, denn Univention bietet dazu mit seinen “UCS Desktop Virtualization Services” auch gleich eine passende Lösung samt eigenem  Session Broker, der allerdings im Moment nur die Desktop-Betriebssysteme Windows XP, Windows 7 und UCD unterstützt. Hier wäre also wohl auch eine Überarbeitung fällig. Ein Quickstart-Guide beschreibt das Anlegen von Vorlagen für Windows 7, sowie das Installieren der Clients. Ich werde mich dem Thema in Kürze hier in Form eines Workshops widmen.




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