Light L16 – Kamera im Taschenformat soll Profi-Kamera ersetzen

Kein Kommentar Autor: Jürgen (jdo)

Ich fotografiere selbst sehr gerne und interessiere mich immer für Neuigkeiten auf dem Markt der Fotografie. Hätte ich vor drei Jahren meine DSLR niemals gegen eine kompakte Kamera getauscht, sieht die Sache heutzutage anders aus – zumindest unter Wasser. Da ist meine Sony RX100 III durch austauschbare Nasslinsen wesentlich flexibler, auch wenn sie im Makrobereich der Canon EOS 7D und dem 100mm Makro-Objektiv das Wasser nicht reichen kann.

Nun behauptet eine Firma mit Name Light, eine Kamera zu bauen, die in jede Tasche passt, den Profi-DSLRs aber locker das Wasser reichen kann und zudem noch günstiger ist. Das muss man erst mal setzen lassen und sich tiefer in das Konzept der Light L16 einlesen.

Light L16: Mehrere Sensoren in Gruppen zusammengefasst

Light L16: Mehrere Sensoren in Gruppen zusammengefasst

Light L16 – Kamera mit mehreren gruppierten Sensoren

Das Konzept ist eigentlich recht spannend. Man hat nicht nur einen Sensor verbaut, sondern gleich 16. Hinter jeder Öffnung befindet sich ein Kamera-Modul mit 13 MPixeln. Diese sind wiederum in drei verschiedene Brennweiten gruppiert.

Es gibt fünf 35mm-Module, fünf 70mm-Module und sechs 150mm-Module. Auf der Rückseite befindet sich noch ein Touchschreen mit 5″ Größe. Darüber verändert man die Einstellungen, zoomt, fokussiert und so weiter. Die Kamer kann also die Brennweite von 35mm bis 150mm abdecken.

Das ist allerdings noch nicht genug. Die Light L16 kann auch Informationen von mehreren Bildern nehmen und diese zu einem großen Bild zusammenfügen. Bis zu 52 MPixel wird das Bild dann groß. Light behauptet, dass sich dieser Ansatz auch besser für schlechte Lichtverhältnisse eignet. Das Rauschen würde sich verringern, was insbesondere bei hohen ISO-Werten ein Problem ist. Weiterhin soll man beim Bearbeiten der Bilder aussuchen können, wo sich der Fokus befinden soll. Im Endeffekt wird das Bild anhand mehrerer Belichtungen und Sensoren erzeugt.

Dem Autor von The Verge wurden Beispiel-Fotos gezeigt (keine funktionierende Kamera!), die angeblich mit der Light L16 geschossen wurden. Diese seien nicht so ausdruckskräftig wie von einer Canon 5D Mark III gewesen, hätten allerdings mindestens so viel Detail enthalten. Das iPhone 6 konnte den Beispielbildern entsprechend nicht mithalten.

Die Aussage mit der Canon 5D Mark III ist allerdings so schwammig, wie sie nur sein kann. Interessant wäre es schon, welches Objektiv oder welche Objektive auf der Canon gesteckt hat / haben. Das Objektiv macht die Musik und nicht nur der Body.

Was kann die Light L16 angeblich noch

Laut FAQ ist die Light L16 in der Lage, HDR-Fotos zu schießen. Das kann eine Canon EOS 5D Mark III ebenfalls und ich mit meiner 7d muss halt nachträglich Hand anlegen, was nicht negativ sein muss, da man so mehr Kontrolle hat. Also eine Belichtungsreihe schießen kann jede Kamera – ob die nun von der Kamera selbst oder vom Fotografen zusammengebaut wird … Auch meine Sony RX100 III liefert im HDR-Modus recht gute Ergebnisse. Diese Funktion ist also nichts besonderes.

Videos nimmt die Light L16 in der Auflösung 4k auf. Die Bilder können in den Dateiformaten JPG, TIFF oder DNG (Raw) gespeichert werden.

Einen Blitz wird die Light L16 nach eigenen Angaben ebenfalls mitbringen und das wird ein Dual-Tone LED Flash sein.

Als Betriebssystem kommt übrigens Android zum Einsatz. Das Google-OS übernimmt sämtliche Rechenleistungen.

Was kostet die Light L16

Man kann eine Light L16 ab sofort vorbestellen und bis zum 6. November 2015 kostet das Gerät 1299 US-Dollar, wobei man 199 US-Dollar gleich anzahlen muss. Nach diesem Datum wird sich der Preis auf 1699 US-Dollar erhöhen.

Ausgeliefert wird die Kamera anscheinend aber nicht vor dem Spätsommer 2016.

Meine Meinung zur Light L16

Zunächst einmal muss man sagen, dass immer die Kamera die beste ist, die man gerade zur Hand hat – selbst wenn es nur ein Smartphone ist. Je kleiner die Kamera ist, desto eher tendiert man wohl dazu, sie einzustecken. Ich sehe das bei der Sony RX100 III (24-70mm). Die ist so klein, dass sie eigentlich immer dabei ist.

Die Größe

Zu klein ist teilweise aber auch schlecht. Hat man kein Stativ dabei, ist mir meine Hand bei einem zu kleinen Gerät zu wackelig. Da habe ich gerne etwas mehr in der Hand.

Die Brennweite

35mm bis 150mm ist schon recht ordentlich, eignet sich aber nicht wirklich für Landschafts-Fotografie. Da hat man dann doch gerne etwas mehr Weitwinkel. Umgehen lässt sich das schon, indem man mehrere Fotos aufnimmt und diese zum Beispiel mit stitcht. Das geht aber nicht immer. Möchte man zum Beispiel Wolkenstrahlen fotografieren, nimmt man ein Bild auf und belichtet das sehr lange – schraubt also ND-Filter auf das Objektiv.

Meine Sony RX100 III hat bereits einen eingebauten ND-Filter. Der reicht mir aber an sonnigen Tagen nicht aus, um einen solches Bild zu erzeugen – die Verschlusszeit wäre immer noch zu gering oder das Bild komplett überbelichtet.

Fluss: Langzeitbelichtung

Fluss: Langzeitbelichtung – acht Sekunden – nicht möglich mit der Sony RX100 III

Darüber hinaus bekomme ich für den Preis der Light L16 bereits eine sehr gute DSLR und auch zwei bis drei vernünftige Objektive, mit denen ich sicher den Bereich (ungefähr) 20mm bis 250mm abdecken kann.

Blitz

Da will ich gar nicht viel dazu sagen. Dieser Dual-Tone Flash kann es mit Sicherheit nicht mit einem guten Aufsteckblitz aufnehmen.

Die technischen Spezifikationen

Auf dem Papier sieht immer alles wunderbar aus. X-MPixel – 35mm-150mm – WOW!

Kann alles sein und die Technologie verbessert sich immer weiter. Allerdings hat es schon einen Grund, warum teure und lichtstarke Objektive das kosten, was sie eben kosten. Selbst die kleinen Kompaktkameras wie meine Sony RX100 III haben teure Objektive drauf – in meinem Fall ist das ein Zeiss mit 1,8 drauf (wobei man die Lichtstärke mit dem Crop-Faktor multiplizieren muss – was bei Tageslicht oder mit einem Blitz eigentlich kein Problem ist). Wenn mich jemand nach einem Rat wegen einer DSLR fragt und ein bestimmtes Budget hat, rate ich immer zu einem etwas günstigerem Body und zu einem teurerem Objektiv.

52 MPixel hört sich auch Wahnsinn an. Allerdings machen nicht die MPixel das Bild, sondern der Fotograf. Es gibt sicherlich Leute, die auf 100 Prozent in jedes Bild zoomen und das eine verwaschene Pixel suchen. Aber lieber eine gute Kamera mit 16 MPixel als ein Billig-Smartphone mit 20 MPixel als Angabe.

Man kann eben viel behaupten und die Bilder in der Galerie sehen mit Sicherheit nicht schlecht aus. Da sind aber auch keine Bilder dabei, bei denen ich sagen würde, das ist mit meinen Kameras nicht möglich (die wenigsten zoomen 100 Prozent rein).

Lädt man die Bilder herunter und sieht sich die exif-Daten an, sind alle Fotos durch Adobe Photoshop gelaufen. Zwar steht da auch etwas von Light Image Exporter, aber trotzdem sind sie durch eine Bildbearbeitungs-Software. An dieser Stelle muss man auf unabhängige Tests warten. Weiterhin zeigt dieses Bild in voller Auflösung doch deutliches Rauschen. Ich behaupte mal keck, dass ich das mit meiner Ausrüstung besser hinbekomme.

In einigen Bereichen ist das Rauschen schon deutlich (Quelle: light.co)

In einigen Bereichen ist das Rauschen schon deutlich (Quelle: light.co)

Diese Aufnahme im Wald haut mich nun ebenfalls nicht gerade vom Hocker. Der Baum links unten reißt schon brutal aus.

Man muss das Produkt aber nicht schon vor Erscheinen schlecht reden, oder?

Das will ich auch gar nicht, da das Konzept tatsächlich spannend ist. Die Frage ist nur, ob man dieses Geld in eine experimentelle Kamera investieren möchte, die bis auf ein paar Beispielfotos noch nichts vorzuweisen hat. Vor allen Dingen muss man ein gutes Jahr auf das Gerät warten, sollte es jemals Produktreife erreichen.

Allerdings hauen die Entwickler schon ziemlich auf den Putz, indem Sie sagen, dass die Light L16 teure Profi-Kameras inklusive teure Objektive ersetzen wird. Das haut schon wegen der Einschränkung bei der Brennweite nicht hin. Ein Profi-Gerät bei der Fotografie definiert sich meiner Meinung nach nicht nur durch hohe Qualität, sondern auch durch Flexibilität.

Solche Aussagen des CEO sind natürlich deftig:

“This is how cameras will be made in the future (zeigt auf den Prototyp der Light L16 – danach auf eine DSLR mit diversen Objektiven) This is just not going to exist tomorrow.”

Es sind genau solche Sätze, die mich persönlich abschrecken.

Genau hier sehe ich das größte Problem des Konzepts der Light L16. Ein Profi wird sein bewährtes System einsetzen und die wenigsten Schnappschuss-Knippser werden so eine Stange Geld für eine Light L16 ausgeben, wenn das Smartphone doch auch 20 MPixel schießt.

Ich liebe die Sony RX100 III, würde in bestimmten Situationen aber immer der Canon EOS 7D den Vorzug geben. Das Problem ist ganz einfach, dass man einen Werbespruch der Art Mit dem Smartphone Fotografieren wie die Profis … 20 MPixel … Ersatz für die DSLR … schon zu oft gehört hat – Marketing-Gefasel, das einfach nicht stimmt.

Das Werbevideo für die Light L16 auf der Website ist auch eher nicht sehr aussagekräftig. Man sieht diverse Leute, die Fotos machen … hmmm … aber waren wir einfach mal ab – lassen wir die Light-Leute mal basteln und warten einfach auf die ersten ernsthaften Reviews.

Ich freue mich immer über neue Technologien, vor allen Dingen im Foto-Bereich. Aber ich bin halt auch super skeptisch. Im Moment sind es Spekulationen und Behauptungen.




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