Versucht Ubuntu mit HUD ein Problem zu lösen, das nicht existiert?

18 Kommentare Autor: Jürgen (jdo)

Ubuntu HUD Teaser 150x150Ich bin gerade auf einen länglichen Artikel gestoßen (muktware.com). Dort äußert sich der Autor aus seiner Sicht zu HUD und ist der Meinung, dass Canonical ein Problem zu lösen versucht, das nicht existiert. Ich versuche das mal gekürzt auf den Punkt zu bringen.

Er orakelt, dass es sogar noch mehr Probleme für Einsteiger, Umsteiger und Dual-Boot-Anwender auslösen wird. Als Beispiel gibt er LibreOffice an, das sich unter Windows und Linux gleich benutzen lässt. Fallen die Menüs allerdings weg, würde man hier eine Hürde schaffen.

In der Kreativ-Abteilung meint er, dass die Experten sowieso wissen, welche Funktionen es für GIMP und Inkscape gibt. Ein Neuling brauche aber die Menüs, weil er sonst nicht einmal herausfinden könne, wie viele hundert Möglichkeiten er eigentlich hat. Ebenso seien kreative Leute an die Maus gewohnt und lieben diese auch.

HUD sei lediglich etwas für Power-Anwender und Entwickler, die ihren Rechner zum Großteil sowieso in der Konsole bedienen. Für den Rest sei es eine Fehlentwicklung.

Ubuntu HUD ubu

Ubuntus HUD

Ubuntu verpasse die Gelegenheit, dass sich Windows-Anwender mit Version 8 an eine neue Oberfläche gewöhnen müssen. Springe Canonical auf diesen Zug auf, könnte man vielleicht den einen oder anderen Windows-Nutzer abwerben. Anstelle sich um Probleme zu kümmern, die wirklich da sind, schaffe man sich nur neue. Als Beispiel für einen besseren Einsatz der Mannkraft nennt er eine einfache Möglichkeit / Anwendung zu schaffen, um sich sehr einfach mit einem Android-Gerät verbinden zu können. Einen Flickr- oder Picasa-Client gebe es für Ubuntu ebenfalls nicht und Netflix-Filme kann er auch keine ansehen.

Ihm wäre ein Ubuntu-Fork am liebsten. Eine Version, die mit der GNOME Shell ausgeliefert wird und eine Ubuntu X, die sich an Power-Anwender und Entwickler richtet.

Die größte Herausforderung für Ubuntu sei nicht etwas zu Verändern, was seit 30 Jahren funktioniert, sondern den Mangel an guten Applikationen auszumerzen. Zum Beispiel hüpfe man zwischen Banshee und Rhythmbox hin und her und es gebe kein Äquivalent zu Windows Media Player oder iTunes (worüber ich perönlich gar nicht böse bin).

Für Geräte mit Touchscreens sei HUD sowieso komplett unbrauchbar. Anstatt via Knopfdruck das WLAN zu aktivieren, möchte keiner anfangen in das HUD zu tippen. In dem Punkt geb ich ihm 100 Prozent Recht.

Die Frage ist nur, ob HUD nur eine Zusatz-Option ist, oder Mark Shuttleworth damit tatsächlich die kompletten Applikations-Menüs ersetzen will. Persönlich hoffe ich nicht, dass letzteres eintreten wird. Des Weiteren hat der Schreiber seinen Gedanken meiner Meinung nach nicht 100 Prozent bis zu Ende vollzogen: was ist, wenn das ultimative HUD-Ziel Sprachbedienung ist?




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18 Kommentare zu “Versucht Ubuntu mit HUD ein Problem zu lösen, das nicht existiert?”

  1. Rockiger says:

    Hm, grundsätzlich besteht das Problem einer ineffizienten Menüsteuerung schon. Zumindest aus meiner Sicht.

    Ob man seine Ressourcen anders verwenden sollte, ist ein andere Frage?

    Dazu macht der Autor eine Annahme, die man so nicht stehenlassen kann:

    Touch is the future. Sicher nicht am normalen PC/Laptop - viel zu ineffizient.

  2. Name says:

    Mit Anwendungen soll letztendlich natürlichsprachlich gesprochen werden können, auch mit Speech-to-text. Bis dahin wird es aber noch lange Zeit dauern. Aber lustig, dass der Autor des Blogartikels gerade LibreOffice nennt, denn mit dieser Anwendungen funktioniert HUD ohnehin noch nicht. 😀

  3. dakira says:

    Hat eigentlich niemand den originalen Artikel von Shuttleworth gelesen? Es geht nicht wirklich darum, Menus abzuschaffen. Er schreibt explizit, dass HUD nur eine Ergaenzung ist. In dem aktuellen Prototypen fehlt die Moeglichkeit der "Erkundung" (discoverability), wie sie ein normales Menu bietet. Erst wenn HUD ueber eine bis jetzt noch nicht weiter spezifizierte Loesung auch "Erkundung" anbietet, soll es Menus ersetzen. Ab dem Punkt IST HUD dann das Menu.

    Gerade gestern hab ich mir uebrigens HUD gewuenscht. Ich wollte mit GIMP ein Bild skalieren, bei dem die Proportionen der Bildelemente erhalten bleiben. Als Informatiker weiss ich, dass "seam carving"-algorithmen eine Loesung dafuer darstellen. Ausserdem wusste ich, dass es ein GIMP-Plugin namens Liquid Rescale gibt, welches das anbietet. Nachdem ich 5min in den Filtern gesucht habe, musste ich Google benutzen, um auf der zweiten Ergebnisseite die Informationen zu finden, dass Liquid Rescale ueber das Ebenen-Menu erreichbar ist. In HUD haette ich einfach nur ALT gedrueckt und "liq" eingegeben.

    • jdo says:

      Alle hoffen, dass HUD nur eine Zusatz-Option wird. Man weiß ja nicht, was im Kopf von Shuttleworth vor sich geht, aber wegen der gefetteten Zeile in seinem Beitrag darf man sich schon Gedanken machen: Head-Up Display, or HUD, which will ultimately replace menus in Unity applications

      • dakira says:

        Man sollte den Artikel einfach mal bis zu Ende lesen. Meinen Kommentar hast du offenbar auch nicht gelesen. Ich wiederhole jetzt einfach noch mal, was ich schon geschrieben habe (was auch in Shuttleworths Artikel steht, man muss nicht seine Gedanken lesen):
        HUD hat Menus noch nicht integriert, daher bleiben die normalen Menus erstmal bestehen. In Zukunft wird globalmenu in HUD integriert (bzw. umgekehrt). Dann IST HUD das Menu. Der HUD Entwickler Ted Gould hat dazu etwas detaillierter in seinem Blog geschrieben, welches leider gerade offline ist. Momentan wird HUD in einem "branch" von globalmenu entwickelt. Es soll sobald wie moeglich "gemerged" werden und in Zukunft vermutlich vom Style her angepasst werden (mein Tip, das Menu bleibt und bei der Auswahl in der HUD-Suche werden die entspr. Menupunkte direkt geoeffnet. Das ist natuerlich nur Spekulation. Sicher ist aber, dass ein "erkundbares" Menu definitiv bleibt. Ob dieses nun in HUD integriert wird oder umgekehrt spielt letztlich keine Rolle.

        • jdo says:

          Ich hab Deinen Kommentar schon gelesen und verstehe auch, was Du sagen willst. Aber Du schreibst ja selbst, dass man derzeit nur spekulieren kann. Ich hab ja auch nur spekuliert, dass man die Gedanken der Entwickler nicht lesen kann und es hoffentlich zu einer vernünftigen Lösung kommt. Da Canonical aber gerne für Überraschungen zu haben ist, ist aber auch einiges möglich.

          Ich finde die Idee "HUD" nicht unangenehm - es wird sich allerdings zeigen müssen, wie praktikabel das ist. Das hängt sicher auch viel davon ab, wie gut der Suchalgorithmus funktioniert und wie sehr man das alte Menü damit vermurkst. Persönlich mag ich Unity deswegen nicht, weil es mir das Menü da oben reingepappt gar nicht gefällt. Mit GIMP 2.6 und den multiplen Fenstern ist Unity einfach grausam, wenn man mehr als ein Bild offen hat.

          Ich stimme dem von mimr beschriebenen Autor schon in gewisser Weise zu, dass es scheint, als wolle sich Canonical mit Gewalt von anderen absetzen und dadurch das Gewohnheitstier "Anwender" manchmal ein bisschen vergisst.

          Ich finde es aber auf der anderen Seite auch spannend, was daraus wird. Von daher lasse ich mich einfach überraschen und stelle mich einfach mal neutral in die Mitte 🙂

          Wenn davon etwas detaillierter in Ted Goulds Blog steht und dieser offline ist, bringt das aber nicht viel. Ich würde das sehr gerne lesen und wenn es schon so wichtig ist, könnten die HUD-Entwickler das auch irgendwo anders zur Verfügung stellen. Strg+c und Strg+v sollte ja den Tastatur-Königen ja nicht sonderlich schwer fallen.

          • dakira says:

            Wie gesagt. Man muss nicht in die Köpfe hineinschauen. Es steht hier:

            "There’s still a lot of design and code still to do. For a start, we haven’t addressed the secondary aspect of the menu, as a visible map of the functionality in an app. That discoverability is of course entirely absent from the HUD; the old menu is still there for now, but we’d like to replace it altogether not just supplement it."

            Der gesamte Artikel von Muktware basiert darauf, dass der Aspekt der "discoverability" auf ewig floeten geht. Das dies nicht geplant ist steht im Artikel von Shuttleworth.

          • jdo says:

            the old menu is still there for now, but we’d like to replace it altogether not just supplement it. Das sind ja die Knackpunkte, wie das umgesetzt wird. Lassen wir uns einfach überraschen, oder?

          • dakira says:

            Das Blog von Gould ist wieder online. Wer sich fuer das Thema interessiert und nicht nur daherschwätzen will, der kann dem Rat im vorletzten Satz von Shuttleworths Artikel folgen (den 99% der Hasser wohl nicht erreicht haben): Or dig deeper with blogs on the topic from Ted Gould [1], Olli Ries [2] and Gord Allott [3].

            [1] http://gould.cx/ted/blog/Searching_menus
            [2] http://www.olli-ries.com/?p=669
            [3] https://plus.google.com/112811220238447511854/posts/XWYJQhYATdG

          • jdo says:

            Ah cool, danke für den Hinweis ... werde ich mir sofort durchlesen ...

          • dakira says:

            Darum geht es ja nicht. Nochmal: Der gesamte Artikel von Muktware basiert darauf, dass der Aspekt der “discoverability” auf ewig floeten geht. Das dies nicht geplant ist steht im Artikel von Shuttleworth. Damit ist der Artikel unsinn. Also der von Muktware, nicht deiner.

  4. Firefox64 says:

    Zu Thema Sprachsteuerung:

    Ich sitze in einem Büro mit 10 Leuten zwei von uns nutzen Ubuntu.
    Ich möchte nicht die ganze Zeit komandos laberen wärend rechts und links neben mir gebarbeitet wird.

    Außer dem ist mir es zu Anstrengent mit einem Computer zureden...

    • jdo says:

      Vielleicht gibt es ja dann den Fork "HUD Whisper", wo man mit dem Computer flüstern kann 😀

  5. burli says:

    So lange HUD nicht fertig ist braucht man nicht zu orakeln. Punkt!

    • jdo says:

      hmmm ... bis April ist nicht mehr so lange hin ... von daher darf man schon ein bisschen orakeln ... was wäre die Open-Source-Szene außerdem ohne verschiedene Meinungen zu künftigen Themen? Ich finde es einfach interessant, verschiedene Standpunkte zu hören, weil man davon auch seinen eigenen Horizont erweitert. Ich hasse Flamewars, lese aber sehr gerne konstruktive Meinugen.

      • burli says:

        In 12.04 kommt HUD bestenfalls optional, wenn überhaupt. Das steht noch nicht mal 100% fest.

        Außerdem ist es sinnlos, die fehlende "Duchsuchbarkeit" zu kritisieren, wenn diese Funktion noch gar nicht implementiert ist. Klar, in der derzeitigen Form fehlt es, aber es ist auch schon klar, dass es kommen wird. Und so lange nicht alles vollständig fertig ist kann man nicht orakeln.

        Ich hab zwar auch mal orakelt, aber nur darüber, wie die angekündigte Funktion aussehen könnte

        http://forum.ubuntuusers.de/post/3916262/

  6. Paradiesstaub says:

    Ich finde es faszinieren wie viele Menschen sich gegen etwas aussprechen, dass sie scheinbar nicht verstehen.

    Canonical hat über die letzten Jahre einheitliche Schnittstellen für die verschiedenen Linux GUI-Frameworks erstellt - das 'Global Menu' wurde u.a. dadurch ermöglicht. Das ist clever, denn dadurch kann Canonical neue Funktionen implementieren ohne die eigentlichen GUI-Frameworks grundlegend anzupassen → unter Ubuntu Unity werden diese eben nur anders präsentiert. Die Suchfunktion ist nur ein weiterer Schritt, denkbar wäre auch eine andere Menüstruktur, die so wie bei der GNOME SHELL vertikal statt horizontal ausgerichtet ist (mit dem kleinen Unterschied, dass in der GS voraussichtlich nur Gtk+ Menüs richtig [vertikal] dargestellt werden).

    Canonical ist mutig, sie trauen sich was, und bisher lagen sie nie richtig daneben. Viele Anwender sehen die Entwicklung zu kurzsichtig, langfristig macht Canonical genau das richtige. HUD ist erst am Anfang, alles ist noch möglich, das UI ist noch nicht in Beton gegossen → abwarten & teetrinken.

  7. andiart says:

    Ich finde HUD gut und bin ein sogenannter Power-User. Ich werde es auch bald benutzen. Da Linux von der Entwicklergemeinde lebt, ist es sicherlich sinnvoll den Entwicklern das Leben bei der Arbeit zu erleichtern.